Digitale Barrierefreiheit testen – so machen Sie Ihre Website barrierefrei
Spätestens ab Juni 2025 müssen sich Websitebetreiber mit der Barrierefreiheit ihrer Website auseinandersetzen – wenn das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft tritt. Doch wie können Sie sicherstellen, dass Ihre Website wirklich für alle Nutzer zugänglich ist? Barrierefreiheitstests sind essenziell, um digitale Angebote inklusiv zu gestalten. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, welche Methoden es gibt, welche Tools Sie unterstützen und welche Standards Sie beachten sollten.
Warum ist das Testen der digitalen Barrierefreiheit so wichtig?
Eine barrierefreie Website ermöglicht es allen Menschen, unabhängig von ihren individuellen Einschränkungen, digitale Inhalte gleichberechtigt zu nutzen. Ohne geeignete Tests bleiben viele Barrieren unentdeckt, die Nutzer mit Seh-, Hör- oder motorischen Beeinträchtigungen ausgrenzen könnten. Eine barrierefreie Gestaltung verbessert zudem die allgemeine Nutzerfreundlichkeit und sorgt dafür, dass mehr Menschen Ihre Website uneingeschränkt nutzen können. Außerdem haben barrierefreie Websites bessere Chancen auf ein gutes Suchmaschinenranking.
Methoden zum Testen der Barrierefreiheit
Um die Barrierefreiheit auf Ihrer Website zu testen, gibt es verschiedene Methoden und Tests, die Sie anwenden können.
Automatisierte Tests
Vorteile:
- Schnelle Durchführung
- Konsistente Ergebnisse
- Kosteneffizient für große Websites
Nachteile:
- Begrenzte Erfassung von Nutzererfahrungen
- Begrenzte Bewertung der Benutzerfreundlichkeit
Manuelle Tests
Manuelle Tests gehen über das hinaus, was automatisierte Tools erfassen können. Hier prüfen Experten gezielt, ob eine Website barrierefrei und für Menschen mit Behinderungen nutzbar ist. Dabei kommen unter anderem Screenreader zum Einsatz, um zu testen, ob die Inhalte korrekt ausgegeben werden. Ebenso wird überprüft, ob sich die Website nur per Tastatur navigieren lässt und ob Überschriften, Formulare oder interaktive Elemente sinnvoll strukturiert sind. Während manuelle Tests eine tiefgehende Analyse ermöglichen und komplexe Probleme erfassen, sind sie zeitaufwendiger und erfordern fachliche Expertise. Da die Bewertung zum Teil subjektiv sein kann, empfiehlt es sich, sie mit weiteren Methoden zu kombinieren.
Vorteile:
- Ganzheitliche Bewertung der Barrierefreiheit
- Flexibilität bei der Interpretation von Richtlinien
- Möglichkeit, nuancierte Probleme zu erkennen
Nachteile:
- Zeitaufwändiger als automatisierte Tests
- Subjektive Einschätzungen möglich
Hybride Tests
Die beste Vorgehensweise ist die Kombination aus automatisierten und manuellen Tests. Zunächst werden automatisierte Prüfungen durchgeführt, um schnell technische Probleme zu identifizieren. Anschließend erfolgt eine manuelle Validierung durch Experten, die sich mit unterstützenden Technologien und realen Nutzungsszenarien beschäftigen. Diese hybride Herangehensweise bietet die zuverlässigsten Ergebnisse und stellt sicher, dass sowohl technische als auch nutzerbezogene Barrieren erfasst werden.
Nutzertests mit Betroffenen
Eine besonders wertvolle Methode zur Überprüfung der Barrierefreiheit ist die Nutzung durch Menschen mit Behinderungen. Hierbei testen sie die Bedienbarkeit der Website oder Anwendung unter realen Bedingungen. Dabei liegt der Fokus auf Aspekten wie der Navigation, der Lesbarkeit von Inhalten oder der Verständlichkeit der Struktur. Diese Tests liefern wertvolle Einblicke in tatsächliche Barrieren, die in automatisierten oder manuellen Tests möglicherweise unentdeckt bleiben. Allerdings kann die Organisation dieser Tests aufwändiger sein, weshalb sie idealerweise ergänzend zu den anderen Methoden durchgeführt werden sollten.
Wichtige Standards – diese Tests gibt es
WCAG (Web Content Accessibility Guidelines)
Die WCAG sind der international anerkannte Standard für digitale Barrierefreiheit. Sie unterteilen sich in drei Konformitätsstufen: A, AA und AAA. Dabei werden vier zentrale Prinzipien berücksichtigt, die getestet werden müssen: Inhalte müssen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein. Websites sollten mindestens die AA-Stufe erfüllen, um eine grundlegende Barrierefreiheit sicherzustellen.
Die drei Konformitätsstufen lauten:
- A (grundlegend) – Mindestanforderungen für Barrierefreiheit
- AA (empfohlen) – Standard für gesetzliche Anforderungen in vielen Ländern
- AAA (erweitert) – Höchster Standard für maximale Barrierefreiheit
BITV-Test
Der BITV-Test ist ein standardisiertes Prüfverfahren, welches sich an den vier WCAG-Standards orientiert. Er dient dazu, zu überprüfen, ob digitale Angebote den Anforderungen der BITV 2.0 entsprechen, die vor allem für öffentliche Stellen wie Behörden, Hochschulen und Bibliotheken gesetzlich vorgeschrieben sind. Der Test basiert auf 60 Prüfschritten, in denen die vier Hauptkategorien Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit kontrolliert werden. Die Bewertung erfolgt anhand eines Punktesystems von 0 bis 100 Punkten. Eine Webseite gilt als barrierefrei, wenn sie mindestens 90 Punkte erreicht.
BIK BITV-Test
Ein weiterer Test ist der BIK BITV Test. Dieser Test ist eine spezialisierte Umsetzung des BITV-Tests und wird angeboten von „BIK – Barrierefrei informieren und kommunizieren„. Er folgt denselben Richtlinien wie der allgemeine BITV-Test, bietet jedoch eine detailliertere Analyse und eine offizielle Zertifizierungsmöglichkeit.
Besondere Merkmale des BIK BITV-Tests
- Detaillierte Prüfung und Dokumentation durch Experten
- Automatisierte Selbsttests auf der Plattform bitvtest.de
- Offizielle Liste barrierefreier Websites, die den Test bestanden haben
- Zertifizierungsmöglichkeit mit öffentlicher Kennzeichnung als barrierefreie Website
Der Prüfprozess folgt ebenfalls den 60 Prüfschritten des BITV-Tests und bewertet Webseiten nach dem bekannten Punktesystem (0-100 Punkte).
Wichtige Testbereiche – worauf Sie achten müssen
Beim Testen der Barrierefreiheit sollten verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Besonders wichtig ist die Navigation: Funktioniert die Website auch ohne Maus und kann sie per Tastatur gesteuert werden? Ebenso essenziell ist die inhaltliche Gestaltung: Gibt es für Bilder Alternativtexte? Sind Farbkontraste ausreichend hoch, um Texte gut lesbar zu machen? Strukturierte Überschriftenhierarchien helfen ebenfalls dabei, die Inhalte leichter verständlich zu gestalten. Formulare sollten korrekt beschriftet sein und klare Fehlerhinweise geben, falls Eingaben nicht korrekt sind. Auch Multimedia-Inhalte müssen barrierefrei sein – beispielsweise durch Untertitel oder Transkripte für Videos. Zusätzlich sollte die Benutzerfreundlichkeit berücksichtigt werden: Ist die Sprache verständlich und die Bedienung intuitiv? Diese Fragen sind entscheidend, um eine inklusive Website zu gestalten.
Tools für Barrierefreiheitstests
Es gibt eine Vielzahl an Tools, die das Testen der Barrierefreiheit erleichtern. Zu den bekanntesten automatisierten Testwerkzeugen gehören Axe, Lighthouse und Wave. Diese Tools liefern schnelle technische Analysen und zeigen an, wo Verbesserungen notwendig sind. Für manuelle Tests sind Screenreader wie NVDA oder Farbkontrastprüfer nützliche Hilfsmittel. Wer eine Kombination aus beiden Methoden nutzen möchte, kann hybride Plattformen wie Cypress-Axe einsetzen, die automatisierte und manuelle Tests kombinieren.
Tool 1: Kontrast-Checker experics
Ein Beispiel für ein nützliches Tool ist der Farbkontrast-Checker “experics” mit dem Sie prüfen können, ob die Textfarbe auf der Hintergrundfarbe lesbar ist und ob die Kombination der beiden Farben barrierefrei ist. Ein Beispiel ist in den folgenden zwei Bildern zu sehen. In dem ersten Bild ist zu sehen, dass die Textfarbe Blau kompatibel mit der Hintergrundfarbe Gelb ist, da das Kontrastverhältnis mit 7.02 im grünen Bereich liegt. In dem zweiten Bild liegt das Kontrastverhältnis mit 1.88 im roten Bereich und ist somit nicht barrierefrei, da Texte mit der Farbe Orange auf der Hintergrundfarbe Grün nicht gut lesbar sind.
Tool 2: Contrast-Checker
Ein weiteres Kontrast-Checker–Tool ist der “Contrast Checker.com”. Dieser hat die gleichen Funktionen, wie das erste Tool, und zwar zeigt er ebenfalls die Kompatibilität zweier Farben an. Ein Vorteil dieses Tools ist jedoch auch, dass es die verschiedenen Konformitätsstufen anzeigt. Beispielsweise ist die Textfarbe Rot kompatibel mit der Farbe Weiß und könnte mit der Schriftgröße 18px die höchste Konformitätsstufe (AAA) erhalten. Für digitale Barrierefreiheit sollte auch auf die Schriftgröße geachtet werden, da bei der Schriftgröße 12px die Farbe Rot auf Weiß nicht die höchste Konformitätsstufe erhalten würde.
Tool 3: WAVE
WAVE oder auch “Web Accessibility Evaluation Tool” genannt ist ein Online-Tool, welches nicht barrierefreie Inhalte von Websites anhand der WCAG-Standards identifiziert. Fehler, Warnungen und Verbesserungsvorschläge werden direkt bei der Website angezeigt, sodass diese leicht zu erkennen sind und angepasst werden können.
Zertifizierungen und Siegel
Wenn eine Website erfolgreich auf Barrierefreiheit geprüft wurde, kann sie ein entsprechendes Zertifikat erhalten. Das Barrierefrei-Siegel wird in verschiedenen Stufen vergeben – von Basic über Silber bis hin zu Gold. Letzteres bestätigt eine vollständige Barrierefreiheit gemäß WCAG 2.1 (A & AA). In der Schweiz gibt es zudem die Access for All-Zertifizierung, während das WACA-Zertifikat die Einhaltung der internationalen W3C-Richtlinien bestätigt. Diese Zertifikate sind nicht nur ein Zeichen für digitale Zugänglichkeit, sondern auch ein wertvolles Marketinginstrument, das Vertrauen bei den Nutzern schafft.
Fazit: Regelmäßig testen, Barrieren abbauen
Barrierefreiheit ist kein einmaliges Projekt, sondern ein fortlaufender Prozess. Durch regelmäßige Tests und die Kombination verschiedener Methoden und ToolsDigitale können digitale Angebote für alle zugänglich gemacht werden. Wer frühzeitig auf Barrierefreiheit setzt, verbessert nicht nur die Nutzerfreundlichkeit, sondern erhöht auch die Reichweite und Sichtbarkeit seiner Website. Inklusion beginnt mit der bewussten Entscheidung, Barrieren zu erkennen und gezielt abzubauen.