Texte in Leichter Sprache: Mehr Reichweite durch barrierefreie Inhalte
Texte in Leichter Sprache machen die Inhalte Ihrer Website zugänglicher. Sie stellen komplexe Themen verständlich dar und sind damit eine wichtige Hilfe – und zwar nicht nur für Menschen mit Behinderungen. Sie sind eine große Chance für die digitale Barrierefreiheit Ihrer Angebote, aber auch Ihr Marketing als Unternehmen und Brand. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie Leichte Sprache erfolgreich einsetzen, um inklusiver zu werden, neue Standards zur Barrierefreiheit zu erfüllen und eine größere Zielgruppe zu erreichen.
Was bedeutet Leichte Sprache?
Leichte Sprache als Standard für Barrierefreiheit
Leichte Sprache ist eine klar geregelte Form der deutschen Sprache, die speziell für Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geistiger Behinderung entwickelt wurde. Sie folgt festen Regeln, die das Verständnis erleichtern – z. B. durch sehr kurze Sätze, einfache Wörter, klare Gliederung und den Verzicht auf Fremdwörter und bildhafte Sprache. Die genauen Regeln variieren jedoch je nach angewandtem Regelwerk und Standard. Vereinheitliche Empfehlungen und Richtlinien gibt seit März 2025 die neue DIN SPEC 33429:2025-03. Sie soll zur Umsetzung von Leichter Sprache und damit (digitaler) Barrierefreiheit beitragen.
Abgrenzung zu Einfacher Sprache und verständlicher Sprache
Leichte Sprache ist nicht dasselbe wie Einfache Sprache und vereinfachte Alltagssprache! Einfache Sprache ist zwar ebenfalls auf Verständlichkeit ausgelegt, aber weniger streng. Sie richtet sich z. B. an Menschen mit Leseschwäche oder an Personen, die noch nicht gut Deutsch sprechen. Seit April 2024 gibt es dafür die DIN 8581-1 als Orientierung. Allgemein verständliche Sprache hingegen ist gar nicht standardisiert. Sie zielt darauf ab, Fachinhalte allgemein nachvollziehbar zu machen – z. B. durch Vermeidung von Fachjargon. Allerdings fehlen dabei feste Regeln.
Für inklusive Kommunikation und (digitale) Barrierefreiheit eignet sich Leichte Sprache also optimal – und bietet gegenüber Einfacher Sprache und verständlicher Alltagssprache mehr Orientierung bei der Umsetzung.
Relevante Standards und gesetzliche Vorgaben
Obwohl Leichte Sprache nicht immer explizit verlangt wird, rücken die Themen digitale Barrierefreiheit und barrierefreies Webdesign für viele öffentliche Stellen und Unternehmen zunehmend in den Fokus. Ein Grund dafür sind zahlreiche Richtlinien und Gesetze, die von ihnen barrierefreie Online-Angebote fordern. Dazu gehören zum Beispiel:
- UN-Behindertenrechtskonvention: Hierin verlangt die UN barrierefreie Kommunikation, auch durch Leichte Sprache, um den Zugang zu Informationen zu gewährleisten.
- Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG): Ab 2025 müssen alle digitalen Dienstleistungen „allgemein verständliche Inhalte“ bieten.
- WCAG 2.2 (Web Content Accessibility Guidelines): Diese internationalen Richtlinien verlangen verständliche Inhalte im Web.
Texte in Leichter Sprache können eine geeignete Lösung sein, um Anforderungen an die Barrierefreiheit von Webseiten, Online-Shops und Software gerecht zu werden. Die DIN SPEC 33429 (2025) kann dazu als Standard herangezogen werden. Sie bietet klare Regeln für Leichte Sprache und ist besonders für öffentliche Institutionen relevant, die barrierefreie Kommunikation umsetzen müssen.
Wer profitiert von Leichter Sprache?
Leichte Sprache richtet sich an Menschen, die Informationen aus komplexen Texten nicht gut aufnehmen können. Das betrifft nicht nur Personen mit Behinderung.
Typische Zielgruppen sind:
- Menschen mit geistiger Behinderung oder Lernschwierigkeiten
- Personen mit Leseschwäche oder funktionalem Analphabetismus
- Menschen, die Deutsch als Zweitsprache lernen
- Ältere Menschen mit Demenz oder eingeschränkter Merkfähigkeit
Leichte Sprache erleichtert vielen Menschen den Zugang zu Informationen – und sorgt für mehr Teilhabe.
Wie sehen Texte in Leichter Sprache aus?
Die konkreten Regeln für Leichte Sprache stammen aus unterschiedlichen Regelwerken (z. B. DIN SPEC, Netzwerk Leichte Sprache, Inclusion Europe). Zwar unterscheiden sich Details, doch die gemeinsame Richtung ist klar: Texte sollen so verständlich wie möglich sein – ohne sprachliche oder visuelle Hürden.
Typische Merkmale:
- Sätze mit maximal 15 Wörtern
- Aktive Formulierungen („Sie kaufen das Produkt“ statt „Das Produkt wird gekauft“)
- Keine Fremdwörter, Abkürzungen oder zusammengesetzten Begriffe
- Direkte Ansprache mit „Sie“ oder „Du“
- Keine Metaphern, Ironie oder Redewendungen
- Klar strukturierte Gliederung, z. B. durch Zwischenüberschriften und Aufzählungen
- Visuelle Unterstützung durch Bilder, Piktogramme oder Icons
Ziel ist es, Inhalte so aufzubereiten, dass sie wirklich verstanden und genutzt werden können – unabhängig von Bildung, Sprache oder Einschränkungen.
Online-Ressourcen, Tools und Prüfsiegel für Leichte Sprache
Regelwerke (Standards)
Folgende Regelwerke enthalten Richtlinien, die bei der Formulierung von Texten in Leichter Sprache und der Umsetzung digitaler Barrierefreiheit Orientierung bieten:
- Netzwerk Leichte Sprache: praxisnahes Regelwerk, entwickelt mit Betroffenen
- DIN SPEC 33429: offizieller Standard für deutsche Leichte Sprache (seit März 2025)
- Inclusion Europe: internationales Regelwerk, europäischer Standard für „Easy to Read“
- BITV 2.0: enthält Anforderungen an barrierefreie Webinhalte
Online-Wörterbücher
Leichte Sprache nutzt keine Fachbegriffe oder komplexen Wörter. Es ist also wichtig, solche in barrierefreien Texten umzuformulieren. Ein erster Ansatzpunkt kann ein Blick in folgende Wörterbücher sein:
- hurraki.de: Community-Wörterbuch in Leichter Sprache, erklärt schwierige Begriffe alltagsnah, von Hep Hep Hurra e.V.
- Lebenshilfe-Wörterbuch: Begriffe für Menschen mit Behinderung einfach erklärt
- NDR-Wörterbuch: Erklärungen zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Begriffen
- BfJ-Wörterbuch (Bundesjustizamt): Juristische Fachbegriffe in Leichter Sprache erklärt
Tools zur Textprüfung und -erstellung
Online-Tools können dabei helfen, Texte verständlicher zu gestalten – zum Beispiel, indem sie die Lesbarkeit prüfen oder Vorschläge zum Paraphrasieren machen. Sie können jedoch keine geprüfte Übersetzung ersetzen, sondern sind nur eine Hilfestellung.
- Anbieter: LanguageTooler GmbH
- Funktion: schreibt Texte in 3 Verständlichkeitsstufen um (Standard, Formell, Einfach),
- integrierte Grammatik- und Rechtschreibprüfung
- Technologie: KI-gestützt, mit DIN-Spezifikationen trainiert
- Hinweis: keine vollwertige Leichte-Sprache-Umsetzung
- Anbieter: Psychometrica
- Funktion: Lesbarkeitsmessung (lange Wörter & Satzlänge) in numerischer und
- farblicher Skala
- Hinweis: nützlich für Einschätzung, kein Sprachregelwerk
Anbieter für professionelle Übersetzung & Prüfung
Der sicherste Weg, verständliche Texte in Leichter Sprache zu erstellen, ist die Kooperation mit Profis und der Zielgruppe selbst. Verschiedene Prüf- und Übersetzungsbüros kommen infrage. Das Netzwerk Leichte Sprache e. V. listet Empfehlungen.
Prüfsiegel (Auswahl)
Prüfsiegel für Leichte Sprache gelten nicht automatisch als gesetzliche Nachweise, können aber das Engagement eines Unternehmens für Barrierefreiheit dokumentieren. Verwendet werden können zum Beispiel:
- Qualitätssiegel Netzwerk Leichte Sprache: bei Texterstellung und doppelte Prüfung durch eigens zertifizierte Übersetzer
- Easy-to-Read-Logo (Inclusion Europe): europäischer Standard, kostenfrei und unter Selbstkontrolle nutzbar, vgl. jedoch die detaillierten Nutzungsbestimmungen und -anforderungen
Umsetzung: Redaktion, Design & Integration
Redaktionelle Planung
Die Inhalte in Leichter Sprache sollten gezielt geplant werden – entweder als zusätzliche Texte oder als alternative Versionen:
- Parallelinhalte: Bestehende Seiten wie AGB, Datenschutzerklärung oder Kontaktformulare werden ergänzt durch eine Version in Leichter Sprache.
- Alternativinhalte: Nur besonders relevante Seiten werden in Leichter Sprache bereitgestellt – z. B. FAQs oder Serviceangebote.
Priorisieren Sie wichtige Inhalte – dort, wo Nutzer Orientierung, Vertrauen oder Rechtssicherheit benötigen. Beginnen Sie mit zentralen Seiten wie AGB, Service oder FAQ. Verwenden Sie Tools bewusst und kombinieren Sie diese mit professioneller Prüfung.
Design-Prinzipien
Leichte Sprache funktioniert nicht nur über Worte, sondern auch über das Layout. Maßnahmen für ein barrierefreies Webdesign sind zum Beispiel:
- Große Schriftgrößen (mind. 14 Pt)
- Hoher Kontrast zwischen Text und Hintergrund (min. 4,5:1)
- Piktogramme und Illustrationen als unterstützende Elemente
- Klar gegliederte Textblöcke mit Zwischenüberschriften
Technische Integration auf der Website
Neben der Barrierefreiheit von Texten, Medien und Layouts sind im Übrigen auch technische Aspekte zu beachten, um ein inklusives Online-Angebot zu gestalten. Weitere Tipps:
- Separate Subdomain: z. B. leichte-sprache.ihrewebseite.de
- Pfadstruktur: z. B. ihrewebseite.de/leichte-sprache
- Verlinkung beider Sprachversionen zur besseren Navigation
- Barrierefreie Programmierung nach WCAG 2.2 und BITV-Vorgaben (z. B. screenreadertauglich, Tastaturnavigation)
Leichte Sprache im Marketing- und Business-Kontext
Fest steht also: Texte in Leichter Sprache machen Webseiten, Online-Shops und andere digitale Angebote für viele Menschen zugänglicher. Die Übersetzung der Inhalte in einen barrierefreien Standard hat jedoch auch Marketingeffekte und bietet langfristige wirtschaftliche Vorteile.
Leichte Sprache & SEO
Texte in Leichter Sprache verbessern mehrere wichtige Nutzersignale, die Google und andere KI-Suchsysteme bei der Bewertung berücksichtigen:
- Verweildauer steigt, weil Inhalte verständlich sind
- Absprungrate sinkt, da Nutzer sich besser zurechtfinden
Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist die Voice-Search-Optimierung: Einfache Sätze sind besser für Sprachassistenten interpretierbar.
Marketingeffekte
- CSR & Diversity-Kommunikation: Wer barrierefrei kommuniziert, zeigt gesellschaftliche Verantwortung – ein Pluspunkt für eine positive Markenwahrnehmung.
- Inklusives Design: Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder Sprachbarrieren fühlen sich angesprochen und wertgeschätzt.
- Zielgruppenerweiterung: Leichte Sprache öffnet den Zugang zu Kundengruppen, die vorher unbemerkt außen vor blieben.
Wirtschaftliche Vorteile
- Weniger Rückfragen im Kundenservice, weil Informationen klar verständlich sind
- Höhere Abschlussquoten bei Formularen oder Bestellungen, da Barrieren wegfallen
- Langfristige Kundenzufriedenheit, da Nutzer sich sicher und ernst genommen fühlen
- Rechtssicherheit & Wettbewerbsvorteil, weil gesetzliche Anforderungen frühzeitig erfüllt werden
Fazit: zukunftsfähige Online-Angebote mit Leichter Sprache
Texte in Leichter Sprache sind ein lohnenswerter Standard für barrierefreie Online-Kommunikation. Nicht nur, weil sie im Rahmen der digitalen Barrierefreiheit rechtlich an Bedeutung gewinnen – sondern, weil sie eine echte Chance bieten: auf mehr Sichtbarkeit, mehr Inklusion, mehr Nutzerbindung. Bei der Umsetzung ist jedoch ein geschultes Auge gefragt. Die verwendeten Medien, das Webdesign und die Technik hinter den Online-Angeboten sind bei der barrierefreien Umgestaltung ebenfalls genau im Auge zu behalten.